Die Planung und die Suche nach dem Reisepartner

Autor: Eva Galvan-Wagener

Ich fühlte mich sicherer, wenn noch jemand mitreisen würde und mir fiel auch spontan die perfekte Reise-partnerin ein. Sabine natürlich, mit ihr war ich schon in Mexiko unterwegs. Sie würde sich ebenso für eine längere Tour begeistern können wie ich.

Ich rief sofort bei ihr an und berichtete von meiner absolut genialen Idee. Jubelstürme am anderen Ende der Leitung sagten mir, dass ich mich nicht getäuscht hatte – Sabine war die richtige für dieses Abenteuer. Sie war von dem Gedanken einer langen Reise völlig aus dem Häuschen. Ein Redeschwall plätscherte durch die Leitung auf mich zu und für sie stand auch schon fest, wohin die Reise gehen sollte.

Südostasien natürlich! Wohin sonst?“, brüllte sie durchs Telefon. „Das ist das perfekte Ziel für Langzeitreisende.“

Autor: Herbert Jeckl

Sie schwärmte von ihrem letzten Urlaub in Thailand und träumte von Vietnam, schon war das Ziel gesteckt. In diesem Punkt waren wir uns also einig.

Die nächsten Wochen schwebte ich nur noch dahin und sah meinen Traum immer mehr zur Wirklichkeit werden. Wir telefonierten häufig miteinander und führten stundenlange Gespräche – bis dann der 8. Juni kam.

Sabine hatte ihren Traummann gefunden und sich Hals über Kopf verliebt.

„Wie kannst du unsere Tour nur wegen einem Kerl abblasen wollen?“, fragte ich schockiert. Das war mir unbegreiflich.

„Ja…, und dann habe ich noch die Chance, mich beruflich weiterzubilden, …und überhaupt, …und, …und, und…“, druckste sie herum.

„Hallo, hallo! Mayday – Mayday! Beamt mich wieder herunter!“

All meine Versuche, sie zu überreden waren vergebens. Sie hatte ihren Entschluss gefasst und ich fiel von Wolke 7 wieder hinunter auf die Erde. Aber ich wollte meinen Plan nicht aufgeben. Ich leckte meine Wunden und machte mich auf die Suche nach einem neuen Reisegefährten. Ich hätte mir im Alter sonst wohl immer vorgeworfen: „Mensch, warum hast du es nicht gemacht? Warum warst du zu feige?“

In meinem Bekanntenkreis gab es leider niemanden, dem die Sache so viel wert gewesen wäre, um seinen Job einfach an den Nagel zu hängen – also weiter; ich versuchte es mit einer Zeitungsanzeige und Flugblättern, die ich an die Tramper-Shops hing.

Meine Anzeige war so neutral gestaltet, dass niemand mitbekam, ob ich Männchen oder Weibchen bin.

Spontan und reisebegeistert, so wie ich? Dann melde dich!

Suche Reisepartner für einen Trip von September bis Mai.

Wohin? – Südostasien!

Somit wusste niemand, dass ich weiblich, 28 und ledig war. Wenn jemand anrufen würde, dann also nur, weil es ihm um die Reise ginge.

Das Telefon blieb stumm und ich startete meinen nächsten Versuch mit einem Reiseinterview bei SWF 3.

Es dauerte seine Zeit, bis der erste Anruf kam. Er hieß Wolfgang und hatte eine sympathische Stimme. Zudem hatte er anscheinend auch schon öfters lange Rucksacktouren unternommen und hatte somit also auch Reiseerfahrung. Ich konnte keinesfalls einen Begleiter brauchen, den ich die ganze Zeit hinter mir herziehen müsste.

Wir verabredeten uns auf halber Strecke an einem neutralen Ort. Der Bahnhof schien mir die richtige Atmosphäre zu bieten.

„Groß, blond, blauäugig und Mitte 30!“ So hatte er sich beschrieben. Aber so sehr ich auch suchte, es gab hier keinen einzigen Mann zu dem diese traumhafte Beschreibung gepasst hätte. Also setzte ich mich erst einmal hin und wartete. Nach etwa zehn Minuten kam ein Kerl zu mir herüber und fragte: „Bist du Claudia?“

„Ah – ja …“, stotterte ich.

Ich war sprachlos. Er war klein, hatte schütteres angegrautes Haar und einen Teddybär Bauch – also eigentlich genau das Gegenteil seiner Beschreibung. Verdutzt saß ich da und war zum Teil erstaunt über sein Selbstbewusstsein, aber anderseits war ich enttäuscht, dass er mich angelogen hatte. Wie sollte da das Vertrauen zustande kommen, das man für eine lange, gemeinsame Tour braucht? Wobei mir sein Aussehen ja egal war. Schließlich suchte ich nach einem Reisepartner und nicht nach einem Lebensgefährten. Wir unterhielten uns eigentlich ganz nett und hatten auch gemeinsame Interessen; bis er dann auf den Punkt kam und so ganz nebenbei erwähnte, dass man ja eine lange Zeit zusammen unterwegs wäre und neben dem Austausch der neu gewonnenen Eindrücke von der Reise, würde sich auch ein Austausch von Zärtlichkeit kaum vermeiden lassen – …so, bei einem romantischen Sonnenuntergang unter Palmen, womöglich auch noch bei einem Gläschen Sekt.

Also, für ihn war körperlicher Kontakt inbegriffen, mit ihm wollte ich das Zimmer lieber nicht teilen. Die Sache war für mich erledigt und ich widmete mich meinem nächsten Kandidaten.

Er war Agrarbiowissenschaftler oder so ähnlich. Das hörte sich ja ganz vielversprechend an, aber als er dann nach einem zweistündigen Monolog endlich eine Pause einlegte, wusste ich, dass auch er nicht der richtige für mich war. Jetzt wusste ich zwar alles über das Klonen eines Weizenkeimes und über die Düngemittel auf einem Demeter-Bauernhof, aber ich wusste nichts über die Ziele seiner bevorstehenden Reise. Nein danke! Sechs Monate Düngemittel und Weizenkeime, das wäre wirklich zu viel des Guten. Ich war schon heilfroh, dass ich diesen Nachmittag ungeklont überstanden hatte.

Auch der nächste war ein komischer Kauz.

„Wohin soll die Reise gehen? Türkei?“ rief er an.

„Nein, Südostasien!“ antwortete ich.

„Auch gut. Dahin komme ich auch mit. Da kann man gut Kohle machen, mit so billigem Zeug; Glasperlen und so.“

Komisch, ich dachte immer, das Zeug wird drüben billig gekauft und bei uns wieder teuer verkauft. Na egal, auf jeden Fall wieder nicht der richtige.

Auch die weiteren Interessenten genügten meinen Ansprüchen nicht. Verlangte ich etwa zu viel? Im Übrigen hatte sich zu meinem Erstaunen keine einzige weibliche Person auf die Anzeige gemeldet.

Langsam freundete ich mich mit dem Gedanken an, die Tour alleine zu starten. Es gibt ja auch Vorteile, wenn man alleine unterwegs ist. Man ist ungebunden, muss auf niemanden Rücksicht nehmen, keine Absprache wohin, wann und wieso, …

Mitten in meine Organisation platzte dann Jackos Anruf hinein.

Autor: Eva Galvan-Wagener

Tja! Bei mir war das so, …

Ich hatte eine Menge Überstunden und den gesamten Urlaub von zwei Jahren zur Verfügung. Also überlegte ich, wo ich meine angesparte Freizeit am liebsten verbringen würde – auf keinen Fall in den ungemütlichen Wintermonaten zuhause in Deutschland. Die Karibik wäre eigentlich mein gewähltes Ziel gewesen, – bis dann eine Freundin von Claudias Interview erzählte.

„He, Jacko! Du hast doch diesmal keine Lust, alleine auf Tour zu gehen. Im Radio sucht eine Frau aus der Umgebung einen Reisepartner für Südostasien. Die hat sich ganz vernünftig angehört. Ruf doch mal bei SWF 3 an.“

Hm…, Südostasien. Für diese Gegend hatte ich mich bisher zu wenig interessiert, so kam der Gedanke eines Anrufs wieder in den Hintergrund.

Einige Tage später fiel mir dann in einem Tramper-Shop folgendes Plakat auf.

 Spontan und reisebegeistert, so wie ich? Dann melde dich!

Suche Reisepartner für einen Trip von September bis Mai.

Wohin? – Südostasien!

Keine Personenbeschreibung, kein Alter, kein Name – nur eine Telefonnummer.

„Von September bis Mai. Das kann ich mir abschminken, so viel freie Zeit kriege ich nie zusammen.“

So lief ich weiter und hatte mir die Nummer nicht einmal aufgeschrieben. In den folgenden Tagen musste ich immerzu an diese Anzeige denken. Ich besorgte mir Infomaterial und Bücher und stellte fest, dass ich mich sehr wohl für diese exotischen Kulturen begeistern konnte (wobei mir die Begeisterung für fremde Länder auch nicht sonderlich schwer fällt). Ich ging zurück zum Tramper-Shop, schrieb die Nummer auf und rief den unbekannten Traveller noch am selben Abend an.

„Sorry, ich bin wieder mal unterwegs, aber sprechen sie eine Nachricht auf Band und ich werde schon bald zurückrufen“, säuselte eine süße Stimme durch den Hörer. Am Abend rief die süße Stimme dann auch wirklich schon zurück und wir vereinbarten ein Treffen an einem neutralen Ort, um uns kennenzulernen.

„Wow!“, dachte ich, als eine attraktive Frau die Kneipe zu unserem vereinbarten Termin betrat. „Wenn das Claudia ist … – aber nein, sie ist nicht der Typ für so eine Tour.“

Sie war braun gebrannt, schlank, etwa 1,70 und hatte schulterlanges Haar. Anscheinend achtete sie sehr auf ihr Äußeres – und ich bin eben doch eher ein Cowboy. Wie sollte das klappen? Eine Frau wie sie, mit Rucksack in Asien? Ich hatte schon so meine Zweifel. Ich würde sie eher als Hotel Typ bezeichnen.

Es war Claudia.

„Bist du Jacko?“ fragte sie und setzte sich zu mir an die Theke.

„Ich glaube, ich war nicht gerade superfreundlich bei unserem ersten Treffen. Da ich mir die Reise mittlerweile auch gut alleine vorstellen konnte, wollte ich mich auf keine großen Kompromisse einlassen. Aber auf Jacko schien ich nicht unfreundlich und abstoßend zu wirken, er begeisterte sich zusehends für meine Ideen und meine Route.“

„Na ja, ich bin sehr pflegeleicht und mir gefiel Claudias Idee und ihre Einstellung. Nach unserem längeren Gespräch konnte ich mir diese Tour sehr gut vorstellen. Sie war nicht diese Schickimicki-Maus, die nur in guten Hotels leben möchte. Sie schaute genauso auf den Preis wie ich.“

Für mich war diese Tour klar. Ich hatte keine Zweifel und konnte mir keinerlei Probleme vorstellen. Nun kam es auf Claudias ersten Eindruck an.

„Ich dachte schon, dass wir zwei total verschiedene Typen waren (und auch noch sind) und konnte meine Zweifel nicht völlig abschütteln. Aber, wenn es dann gar nicht klappen sollte, dann kann man sich ja auch trennen.“

Wir trafen uns noch einige Male und legten unsere Route immer genauer fest, dann – nach einem längeren Telefonat, bei dem Claudia ein Frage- und Antwortspiel mit mir veranstaltet hatte, fiel die endgültige Entscheidung.

„Okay, Jacko, versuchen wir es miteinander.“

„Das wurde ja auch endlich Zeit“, dachte ich und schmunzelte in den Hörer.

Nachdem Claudia nun schon ihren ersten Kompromiss eingegangen war und den Reisebeginn auf den November verlegt hatte, lag es nun an mir, alles Nötige mit meinem Arbeitgeber zu besprechen. Zu meiner Überraschung verlief alles sehr einfach und mir fiel wieder mal „der“ Spruch ein, welcher mich so oft in meinem Leben begleitete.

Man weiß gar nicht, wozu man fähig ist, bevor man nicht aufsteht, es zu versuchen!

Alles war so weit geregelt, die Reise war gebucht und unsere Route stand in groben Zügen fest – zumindest wussten wir, dass wir nach Bangkok in Thailand fliegen wollten und von Denpasar auf Bali zurück.

Nun ging unsere gemeinsame Organisation in den Endspurt.

„Die letzten Wochen überschlugen sich, zeitweise glaubte ich, dass der Tag nur 8 Stunden hatte. Der Auszug aus meinem Appartement hielt mich voll in Atem. Auch Jacko musste noch ganz schön ranklotzen, damit er seine freien Tage hereinarbeiten konnte. Dann die ganzen Anschaffungen: die Ausrüstung, jede Menge Passbilder für Visa und sonstige Zwecke, Reiseapotheke, Impfungen, Langzeitkrankenversicherung, Abmeldungen, Daueraufträge, und und und … – aber davon mehr im nächsten Blog.